Back in the culinary Swing

London rules supreme

London ist eine der europäischen Großstädte, die süchtig machen. Und so fühlten sich die letzten Pandemie-Jahre wie Entzug an. Umso größer die wohlige Freude, wieder ein paar Tage in der Stadt sein zu können, in der ich Ende der 1970er, für vier Jahre studieren und leben durfte und zum London-Liebhaber reifte. „Es ist wieder normal, die Touristen kommen zurück und das Leben pulsiert wieder“, sagt der Taxifahrer und möchte eigentlich nicht über den Brexit und die Folgen sprechen, nach denen ich gerade fragen wollte. Sei’s drum, wir sind da, auch um zu essen und die inzwischen geradezu unglaubliche Vielfalt der in London gebotenen Küchen zu genießen. Für mich hat sich London längst zum kulinarischen Mekka in Europa gemausert. Reservieren sollte man immer.

Bei uns steht die asiatische Küche im Zentrum unseres Interesses und wir steuern am ersten Abend ein außergewöhnliches chinesisches Lokal, fernab jenes China-Town-Glitters, in Pimlico Road an, einer teuren urbanen Gegend, voll mit Galerien und antiken Möbelgeschäften. „Hunan“ ist eine kleine, spärlich ausgestattete Gaststädte mit einem größeren Menü, 18 kleine Gänge, oder einem kleineren, 15 kleine Gänge, und ein paar Erweiterungsmöglichkeiten mit zusätzlichen Spezialitäten. Man kann sich für eines der beiden Menüs entscheiden, Reihenfolge und Speisen kommen, wie der Chef Mr. Peng es für richtig hält, und man darf dann immerhin den Wein auswählen. Wir bestellen die 18 Mini-Gänge und werden mit einem fulminanten Mix aus Taiwanesischer, Kantonesischer, Guangdong und Hunan Küche überrascht, immer in schönen kleinen mundgerechten Portionen serviert. Das sind regionale Spezialitäten, in bester chinesischer (Straßen Küchen-)Tradition zubereitet, oft auch herrlich scharf, garantiert mit Kick – und Wow-Erlebnissen, die keine Wünsche offenlassen. Der frische Lobster aus Schottland auf selbstgemachten Crunchy Noodles war dann noch ein weiterer Höhepunkt des Abends. Grüner Veltliner aus Österreich und ein Spätburgunder aus der Pfalz komplementierten die herrlichen Speisen perfekt. Ein Muss!

Auch völlig ab vom Schuss, wiederum in einer eher urbanen Ecke Londons, in der Old Brompton Road versteckt sich das japanische Fusionlokal „Yashin Ocean House“. Wir mussten vom freundlichen Personal auf der Straße abgeholt werden, nachdem wir in Ermangelung eines Türschilds, dreimal daran vorbeigelaufen waren. Hier wird traditionelle japanische Küche mit modernem Twist auf hohem Niveau in einer wunderbar renovierten alten Pferdeschmiede serviert, die durch ihre Frische, Qualität und ihre Präsentation überzeugt. Es empfiehlt sich das Omakase Menü des Chefs oder die schrittweise Bestellung der herrlichen Gerichte, damit möglichst nicht zu viele Speisen gleichzeitig serviert werden. Diese Bestellung in Etappen verfolgen wir zunehmend auch in anderen Lokalen, in denen man sich die Speisen teilt.

Das für mich seit Jahren beste japanische Spitzenrestaurant in London ist „Umu“ in Mayfair. Der Meisterkoch Yoshinori Ishii bereitet seine genialen Kreationen in bester Kyoto-Tradition zu und ist zurecht seit 2005 mit einem Michelin Stern ausgezeichnet. Der Kochpurist und Künstler züchtet sein eigenes Gemüse, kauft nur von lokalen Fischern in Cornwall und Schottland, die mit sanften Fangmethoden arbeiten und hat sich, wo immer möglich, einer nachhaltigen Spitzenküche verschrieben. Täglich werden trotzdem ausgesuchte frische Fische aus Japan eingeflogen. Seine Sashimi-Variationen sind legendär. So frischen Uni (Seeigeleier) hatten wir noch nie genießen dürfen, wie an diesem Abend. Natürlich hat hier alles seinen Preis, aber die so geschmacksintensiven, wie reduziert spektakulären Gerichte sind jedes englische Pfund wert. Das wunderbar gestaltete Restaurant, präsentiert eine der besten Sake- und Weinkarten der Stadt. Wiederum haben wir uns für Grüner Veltliner und Spätburgunder als Weinbegleitung entschieden. Der Abend im „Umu“ ist immer ein Japanische-Küche-Erlebnis vom Allerfeinsten.   

Seit zwanzig Jahren wird in einem versteckt liegenden Kellerrestaurant, „Hakkasan“ im Hanway Place, wo sich Tottenham Court Road und Oxford Street treffen, chinesische Spitzenküche mit Michelin Stern auf gleichbleibend höchstem Niveau geboten. Inzwischen ist eine kleine, sehr exklusive, weltweit operierende Kette entstanden. In den immer noch perfekt inszenierten Kellerräumen wird eine traditionsbewusste und modern interpretierte kantonesische Hochküche geboten, die nur die besten regionalen Zutaten verarbeitet. Peking Ente kann man hier in Perfektion genießen, die ganztätig servierte kleine Dim Sum Auswahl gehört zu den besten der Stadt.

Mittendrin in Londons immer geschäftigen China Town betreibt eine der ältesten chinesischen Gastronomiefamilien das „Orient London“. Zu sehr respektablen Preisen wird hier die ganze Vielfalt der kantonesischen Küche aufgefahren, die mittäglich servierten Dim Sums sind berühmt. Besonders muss man die BBQ-Gerichte loben, auch die selbstgemachten Nudeln in zigfachen Variationen munden köstlich. Hier wird alles frisch zubereitet, werden sehr gute Grundprodukte verarbeitet, das Dekor ist hell und reduziert, die Servicemitarbeiter sind freundlich und schnell.

Seit Jahren erfindet sich eines der schönsten indischen Lokale Londons, das „Tamarind“ in der Queen Street in Mayfair immer wieder neu. Die herrlichen Vorspeisen teilt man sich und wird von einem fein abgestimmten Potpourri der Aromen und Konsistenzen rasch in den Orient entführt. Immer frisch zubereitet, haben auch die Hauptgänge inzwischen eine Leichtigkeit, die zum großen Genuss beitragen. Nicht zu Unrecht verteidigt man den 2001 erworbenen Michelin Stern bis heute. Wieder haben ein Grüner Veltliner und ein französischer Burgunder das vielseitige Menü optimal begleitet. Der sehr kenntnisreiche Service muss lobend erwähnt werden.

Meisterköchin und Besitzerin Asma Khan, eine Londoner Institution

Ein junger Klassiker der indischen Küche, der „Darjeeling Express“ sucht gerade eine neue Heimat im Zentrum von London. Asma Khan und ihre kochenden „Hausfrauen“ ist eine herrliche Hommage an die Straßen Küche von Calcutta und die Rezepte der königlichen Mughlai Klans. Man entscheidet sich beim Dinner für einen der fünf Hauptgänge, das geschmorte Lamm ist göttlich oder die Prawn Malaikari in ihrer Tomatensauce und bekommt noch 10 weitere kleine, hauptsächlich vegetarische Speisen dazu. Alles zu einem höchst vernünftigen Preis. Unbedingt nach der neuen Location Ausschau halten.        

Natürlich können wir London nicht verlassen, ohne im „The Wolseley“ gegessen zu haben. Ob Frühstück, Mittagessen oder Abendessen, brechend voll ist es in diesem Ausnahmebistro in der Piccadilly Street immer. Man reserviert besser. Eine unglaublich umfangreiche Karte mit englischen, französischen und deutschen Bistro-Spezialitäten lassen keine Wünsche offen. Perfekt zubereitet, speist man auf frisch gestärkten Tischtüchern stilvoll, mit englischem Silber, und dennoch geht es hier so leger und wuselig zu, wie früher in den besten Bahnhofsgaststätten.    

Am letzten Abend sitzen wir dann vollkommen glücklich in noch einer Londoner Institution, dem ausgezeichneten Fischrestaurant mitten im Theaterviertel in St. Martins Court, dem „J Sheekey“. Frische Austern, üppige Fruits de Mer Platten, herrliche Fisch- und Schalentiergerichte in urenglischer Atmosphäre. Da hüpft das Herz und übertönt den sich langsam einstellenden Abschiedsschmerz. Wir kommen wieder!

Christian Hodeige

 

 

Hunan, 51 Pimlico Road, Tel: +442077305712, www.hunanlondon.com

Yashin Ocean House, 117-119 Old Brompton Road, Tel: +442073733990, www.yashinocean.com

Umu, 14 – 16 Bruton Place, Tel: +442074998881, www.umurestaurant.com

Hakkasan, 8 Hanway Place, Tel: + 442079277000, www.hakkasan.com

Orient London, 15 Wardour Street, Tel: +442079898880, www.orientlondon.com

Tamarind, 20 Queen Street, Tel: + 442076293561, www.tamarindrestaurant.com

The Wolseley, 160 Piccadilly Street, Tel: +442074996996, www.thewolseley.com

J Sheekey, 28 -32 St. Martins Court, Tel: +442072402565, www.j-sheekey.com

 
Christian Hodeige